Innenhöfe und Atrien

Als Atrium wurde in der römischen Architektur der rechteckige Innenraum in der Mitte des Hauses bezeichnet, der in der Regel über eine Öffnung im Dach belichtet wurde. In der modernen Architektur wird die Bezeichnung Atrium auch für verschiedene Varianten des Innenhofs im Sinne eines von allen Seiten umbauten Hofes, meist in grossen, zusammenhängenden Gebäudekomplexen verwendet. Aus Sicht des Lärmschutzes ist wesentlich, dass es sich um eine nach oben offene, also nicht überdachte Aussenfläche handelt.

Auf eine solche Aussenfläche (Atrium oder Innenhof) ausgerichtete Lüftungsfenster sind nicht nur sinnvoll und zweckmässig, sondern auch effizient, denn durch die umgebenden Gebäudekörper wird in den allermeisten Fällen eine gute bis sehr gute Abschirmung vom Verkehrslärm (Strassen und Bahn) erzielt.

 

Innenhof bei Blockrandbebauungen

Bei Blockrandbebauungen im Sinne einer geschlossenen Gebäudeform schliessen sich die Wohnungen geschlossen um einen Innenhof. Dabei handelt es sich in der Regel um halböffentliche Aussenflächen. Sowohl mit der Fassadengestaltung im Innenhofbereich als auch mit der Strukturierung der Aussenflächen, das heisst Begrünung, Topografie, Möblierung und Schaffung von Nischen, ist darauf hinzuwirken, dass auch in akustischer Hinsicht eine hohe Aufenthaltsqualität im Innenhof erreicht wird.

Auf dem Richti-Areal in der Gemeinde Wallisellen wurde eine moderne Blockrandbebauung erstellt. Insbesondere der Innenhof des Konradhofs (Bild rechts) ist ein gelungenes Beispiel für einen Innenhof mit einer guten akustischen Aufenthaltsqualität. (Quelle: www.richti.ch)

Weitere Hinweise zur Gestaltung von Innenhöfen sind hier ersichtlich:

Klangraumgestaltung

 

Atrium zur Belüftung

Atrien dürfen nicht beliebig klein ausfallen. Je mehr Stockwerke über ein Atrium gelüftet werden, desto grösser muss die Grundfläche des Atriums sein, damit ein Lüftungsfenster noch ‚ins Freie‘ führt und damit die definierten Anforderungen erfüllt. Denn von der Dimensionierung (Mindestbreite und Mindestfläche) ist auch der Luftaustausch und damit die Luftqualität im Atrium abhängig. Mit dem Bestimmungswerkzeug lässt sich die erforderliche Mindestbreite ermitteln.

Atrium in Barcelona. Innenhöfe haben Tradition im mediterranen Raum,
wenn auch eher aus klimatischen als aus lärmtechnischen Gründen.

Beim Atrium zur Belüftung werden einzelne Wohnräume nur über das Atrium belüftet, jedoch über die Aussenfassaden natürlich belichtet. Der Hauptparameter für die Bewertung eines Atriums hinsichtlich Luftqualität ist der AR-Wert (Aspect Ratio). Die AR entspricht dem Verhältnis der Höhe zur minimalen Breite des Atriums.

 

Definition der massgebenden Aspect Ratio

Normalfall
Bei einer AR ≤ 1.3 kann eine ausreichende Durchlüftung erwartet werden.

Abweichung vom Normalfall aufgrund der Lage
Die vorherrschenden Windgeschwindigkeiten haben einen wesentlichen Einfluss auf den Luftaustausch in den Atrien. Je nach Situation ist der AR entsprechend anzupassen:

  • Exponierte Lage:
    Für Lagen mit hohen Windgeschwindigkeiten ist eine Erhöhung des maximalen AR-Werts auf ≤ 1.4 zulässig. Dafür dürfen die lokalen Windgeschwindigkeiten maximal zu 5 % der Zeit unter 0.5 m/s fallen. Die Beurteilung kann auf Basis der Karte der Windgeschwindigkeiten in 50 m Höhe vorgenommen werden, die auf dem Geoportal des Bundes verfügbar ist.
    Windgeschwindigkeit in 50m Höhe
  • Kritische Lage:
    Für Lagen mit tiefen Windgeschwindigkeiten ist eine Begrenzung des AR-Werts auf ≤ 1.1 vorzunehmen. Diese Situation ist insbesondere dann gegeben, wenn die Gebäudehöhe im Umfeld im Durchschnitt um einiges höher ist als die Gebäudehöhe des geplanten Gebäudes.

Abweichung vom Normalfall aufgrund von Öffnungen
Durch das Vorsehen mindestens einer Öffnung, welche die nachfolgenden Anforderungen einhält, ist eine Erhöhung des maximalen AR-Werts auf ≤ 1.4 zulässig:

  • Höhe:
    Die Öffnung muss sich in der Höhe über 2 Geschosse erstrecken oder eine minimale Höhe ≥ 50 % der Gebäudehöhe aufweisen. Es gilt jeweils der kleinere beider Werte. Das heisst, bei einem 2-geschossigen Gebäude muss sich die Öffnung über ein Geschoss (≥ 50 %), bei einem 5-geschossigen Gebäude über 2 Geschosse erstrecken.
  • Breite:
    Die Öffnung muss eine Breite von mindestens ≥ 50 % der Öffnungshöhe aufweisen.

Anzahl Geschosse und Geschosshöhe
Massgebend für die Anzahl Stockwerke und daraus abgeleitet die Mindestbreite und die Mindestfläche des Atriums ist das unterste Lüftungsfenster, welches in das Atrium führt. Die durchschnittliche Geschosshöhe wird vorliegend definiert als 2.8 m. Bei abweichender Geschosshöhe sind Mindestbreite und -fläche anhand der AR und der Gebäudehöhe zu ermitteln.

Hinweise zur Gewährleistung der Luftqualtität

Für eine gute und wohnhygienisch einwandfreie Wirkung der Durchlüftung sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Hindernisse im freien Querschnitt sind nicht zulässig. Dies gilt insbesondere für Balkone und Erschliessungsanlagen (Laubengänge oder ähnliches). Solche Einbauten dürfen den durch die Mindestbreite definierten Bereich des Atriums nicht tangieren.
  • Bepflanzung mit möglichst pollenarm blühenden Pflanzen vorsehen.
  • Emissionen von Schadstoffen und Gerüchen durch angrenzende Räume verhindern, Abluft über Dach einplanen.
  • Garagen, Garageneinfahrten, Müllsammelstellen und andere Lärmquellen nicht im Atrium oder in Durchfahrten zum Atrium vorsehen.

 

Atrium zur Belüftung und Belichtung

Einzelne Wohnräume werden über das Atrium sowohl belüftet wie auch natürlich belichtet. Die Tageslichtverfügbarkeit in einem Raum ist abhängig von der Raumtiefe, der Fenstergrösse und der Positionierung der Fenster. Die Angaben zur Dimensionierung in untenstehender Tabelle basieren auf der Norm SN EN 17037 «Tageslicht in Gebäuden».

Mit einer AR von ≤ 0.6 werden die in der Norm definierten Mindestanforderungen in der Regel erfüllt.

Die Dimensionierung der Atrien, welche eine hinreichende Tageslichtverfügbarkeit der auf das Atrium orientierten Räume in der Regel gewährleistet, basiert auf folgenden Referenzwerten:

  • Raumtiefe: 5 m
    Eine geringere Raumtiefe führt zu einer besseren Tageslichtverfügbarkeit, die Raumtiefe ist auf max. 6 m zu begrenzen.
  • Lichtdurchlässigkeit der Verglasung: 70 % (z.B. 3-Fach Verglasung mit g-Wert 0.45)
    Höhere Werte der Lichtdurchlässigkeit führen zu einer besseren Tageslichtverfügbarkeit.
  • Glasfläche zu Raumfläche: 25 %
    Je grösser der Anteil der Glasfläche ausfällt, desto besser ist Tageslichtverfügbarkeit.
  • Oberkante Verglasung: 2.2 m ab OK Fertigboden
    Durch bündige Lage mit der Decke lässt sich die Situation verbessern.

 

Grundlagen

Innenhöfe als Lärmschutz – Luftqualität im Innenhof bei Fensterlüftung Untersuchungen mittels Simulationen (2019)

Innenhöfe als Lärmschutz – Tageslicht für Räume zum Innenhof Untersuchungen mittels Simulationen (2019)