Balkone und Loggien

Oft ist es nicht möglich, alle lärmempfindlichen Räume der Lärmquelle abgewandt anzuordnen. Die Lärmbelastung bei Wohnbauten lässt sich aber auch gezielt über den Einsatz von geeignet gestalteten Balkonen und Loggien vermindern.

Gegenüber einem Fenster aussen an der Fassade lassen sich mit schalltechnisch optimierten Balkonen und Loggien typischerweise Reduktionen von 2 bis 6 dB erzielen. Die lärmreduzierende Wirkung ist allerdings situationsabhängig und wird nur erreicht, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Ansonsten können Balkone und Loggien aufgrund von Reflexionen an den Untersichten bzw. Decken auch zu Pegelerhöhungen führen. Die Wirkung muss einzelfallweise in Abhängigkeit der entscheidenden Parameter berechnet werden.

(Alle an dieser Stelle aufgeführten Werte basieren auf Messungen der Fachstelle Lärmschutz des Kantons Zürich. Als Basis und Ergänzung dienten Angaben in der Fachliteratur.)

Loggia  
Balkon

 

Voraussetzungen

Damit für Balkone oder Loggien von einer lärmreduzierenden Wirkung ausgegangen werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Die Balkone oder Loggien liegen in den Obergeschossen und in Nähe der Lärmquelle (Distanz horizontal höchstens 100 m).
  • Parallel und seitlich zur Lärmquelle liegende Balkone oder Loggien weisen eine Mindesttiefe von 2 m und eine Mindestfläche von 6 m² auf.
  • Das Verhältnis Breite zu Tiefe darf nicht kleiner sein als 2:3, d.h. bei einer Tiefe von 3 m muss die Breite mindestens 2 m betragen.
  • Bei Balkonen sowie bei seitlich angeordneten Fenstern in Loggien beträgt die horizontal gemessene Mindestdistanz zwischen der Brüstungsaussenkante und dem massgebenden Empfangspunkt (Fenstermitte) 0.75 m. Das ganze Fenster bzw. die ganze Tür weist eine Mindestdistanz von 0.5 m zur Brüstungsaussenkante auf.
  • Die Balkonuntersichten und Loggiadecken werden schallabsorbierend ausgekleidet (Schallabsorption DLαNRD ≥ 4 dB gemäss EN 1793-1:2017 beziehungsweise mindestens Schallabsorptionsklasse C nach EN ISO 11654:1997).
    Kantone Thurgau & Zürich: Einhaltung Anforderung Schallabsorption Aussenbereich (2022)
    Balkone/Loggien: Produkte zur schallabsorbierenden Ausgestaltung von Oberflächen (2022)
  • Die Brüstungen müssen bis mindestens auf einer Höhe von 1.0 m vollständig schalldicht ausgestaltet werden (z.B. massiv oder mindestens 6 mm starkes Glas). Fugen zwischen Einzelelementen müssen frontal und seitlich zur Lärmquelle schalldicht verbunden (verkittet) werden. Fassadenanschliessend sind stumpf gestossene offene Fugen von höchsten 3 mm zulässig.

Eine schallabsorbierende Auskleidung der Seitenwände von Loggien vermindert zwar zusätzlich Reflexionen von den Seiten, ist aber nicht praktikabel. Daher ist sie keine Voraussetzung im obigen Sinne.

Wirkung

Die Höhe der Pegelreduktion kann mit den bekannten Modellen der Schallausbreitung (Hinderniswirkung) aufgrund komplexer Reflexionseffekte nicht erfasst werden. Werden die aufgeführten Voraussetzungen erfüllt, kann für Balkone und Loggien an Frontfassaden (parallel zur Strasse) und an Seitenfassaden (senkrecht zur Strasse) von den mittels  “Berechnungswerkzeug Hinderniswirkung Balkone Loggien” berechneten Pegelreduktionen ausgegangen werden.

Zu beachten ist, dass die Pegelreduktion gemäss Berechnungswerkzeug für Situationen gilt, in denen der Direktschall der betrachteten Linienquelle (Strasse, Bahn) massgebend ist. Ist die betrachtete Linienquelle gegenüber dem Immissionsort jedoch massgeblich abgeschirmt (z.B. durch eine Lärmschutzwand), kann die allfällige Pegelreduktion durch eine Loggia oder einen Balkon im Berechnungswerkzeug nicht einfach gegenüber der abgeschirmten Linienquelle ermittelt werden, allenfalls aber gegenüber einer Ersatzquelle (z.B. Oberkante einer Lärmschutzwand). Sind mehrere pegelrelevante Lärmquellen vorhanden (z.B. Autobahn und Hauptstrasse), dann sind die Pegelreduktionen für jede Lärmquelle separat zu ermitteln, auf die Teilimmission der jeweiligen Quelle anzuwenden, und die Teilimmissionen danach energetisch zu addieren. In Situationen mit massgebendem diffusem Schalleinfall (z.B. Lage in 2. oder 3. Bautiefe ab Lärmquelle mit massgeblicher Abschirmung des Direktschalls durch vorgelagerte Gebäude) kann keine Pegelreduktion durch Loggien oder Balkone berücksichtigt werden, bzw. höchstens eine Pegelreduktion für allenfalls verbleibende relevante Direktschallanteile.

Die Lärmpegelreduktion gemäss Berechnungswerkzeug beträgt 0 dB, wenn keine genügende Wirkung vorhanden ist. Falls die Abschirmwirkung gross genug ist, beträgt die Pegelreduktion mindestens 2 und maximal 6 dB.

Die Wirkung gemäss Berechnungswerkzeug wird von der Belastung an einem plausiblen virtuellen Empfangspunkt in der Fassadenflucht in Abzug gebracht. Die Aspektwinkelreduktion berechnet sich wie üblich aufgrund der Exposition der Fassade (für den virtuellen Empfangspunkt in der Fassadenflucht).

Im Erdgeschoss – und in grösserer Entfernung zur Lärmquelle auch im 1. OG oder höher – können Balkone oder Loggien nicht als Lärmschutzmassnahme eingesetzt werden, da keine genügende Abschirmung zu erwarten ist. Eine Loggia soll im Übrigen nicht nur dem Lärmschutz dienen, sondern den Bewohnern auch einen Zusatznutzen schaffen (z. B. windgeschützter Aussenraum).

 

Minergie

Loggien mit Lärmschutzwirkung dürfen nicht innerhalb des Dämmperimeters liegen. Der Minergiestandard kann trotz grösseren Abwicklungen auch bei Loggien erreicht werden. Das Fehlen einer Heizung kann nicht gewährleisten, dass eine Loggia nicht als Wohnraum dient. Das Lüftungsfenster muss ausserdem ins Freie führen, nicht in einen verschliessbaren Aussenraum. Eine öffenbare Windschutzverglasung ist allenfalls als Zusatznutzen zulässig, wenn ein ausreichender Luftaustausch (Innenraum) gewährleistet ist. Schalldichte Brüstung und absorbierende Untersicht sind aber auch dann zwingend.

 

Im Lärm immer absorbierend

Balkone und Loggien können bei Wohnbauten an lärmigen Lagen in der Nähe von Strassen oder Eisenbahnen gezielt als lärmreduzierende Massnahme vorgesehen werden. Der Lärmpegel kann damit sowohl an den Fenstern lärmempfindlicher Räume wie auch in den Balkonen und Loggien selbst reduziert und somit die Wohnqualität erhöht werden. Dies gilt aber nur für geeignet gestaltete Balkone (siehe oben „Voraussetzungen“). Messungen haben bestätigt, dass die Lärmbelastung ohne absorbierende Deckenuntersichten aufgrund von Reflexionen sogar zunimmt.

Bei Wohnbauten im Lärm von Strassen oder Eisenbahnen sind daher alle Balkone oder Loggien, die Fenstern von lärmempfindlichen Räumen vorgelagert sind, mindestens mit schallabsorbierenden Untersichten auszugestalten; und zwar nicht nur dort, wo die Belastung ohne Massnahmen, das heisst an der Gebäudefassade, über den massgeblichen Grenzwerten liegt, sondern auch bei einer Belastung von bis zu 2 dB unterhalb. Einzig bei sehr flachen Schall-Einfallswinkeln ist die Massnahme nicht angebracht (zum Beispiel im Erdgeschoss). Diese Grundsätze gelten für alle öffenbaren Fenster lärmempfindlicher Räume im Wirkungsbereich der Massnahmen.

Mit absorbierenden Deckenuntersichten kann übrigens die akustische Aufenthaltsqualität insbesondere auch in teilverglasten Aussenräumen verbessert werden, selbst wenn keine Grenzwertüberschreitungen vorliegen. Messungen der Fachstelle Lärmschutz des Kantons Zürich haben gezeigt, dass die zusätzliche Reduktion durchaus 4-5 dB betragen kann. In (teil-)verglasten Aussenräumen wird die Verbesserung oft besonders stark wahrgenommen, da mit absorbierenden Deckenuntersichten auch die “Halligkeit” reduziert wird, was sich positiv auf die akustische Aufenhaltsqualität auswirkt. 

 

Wohnhygienische Einschränkung und Grundrissoptimierung

Gestalterische Massnahmen führen oft nur zu einer geringen Verbesserung der Lärmsituation bzw. der akustischen Wohnqualität. Andere zumutbare Lärmschutzmassnahmen sind vorrangig auszuschöpfen. Dazu zählen neben der lärmoptimierten Stellung der Gebäudekörper insbesondere die lärmgünstige Anordnung der Wohnungsgrundrisse. Grundrisse in der Empfindlichkeitsstufe III mit Lüftungsfenstern ausschliesslich in Loggien oder Balkonen gelten als nicht optimiert. Der Qualität von Aussenraum und Wohnumfeld ist im Sinne der LSV und des Bundesgerichtsentscheides zur Lüftungsfensterpraxis von 2016 genügend Beachtung zu schenken. Ausschliesslich oder grösstenteils zu Lärmquellen orientierten Wohnungen mit Fassadenbelastungen über 65 dB am Tag oder 55 dB in der Nacht fehlt diese Qualität.

 

Beispiele aus der Praxis

→ Schaffhauserstrasse Bülach / KT ZH